Strahlfäule beim Pferd: Die unterschätzte Lahmheitsursache!

Strahlfäule - die schleichende Gefahr?!


Fast jeder Pferdehalter kommt im Laufe seines Reiterdaseins mindestens einmal mit dem Thema Strahlfäule in Kontakt. Bei der Strahlfäule handelt es sich um eine primär bakteriell bedingte Erkrankung, die zu Zersetzungsprozessen im Bereich des mittleren Strahls führt. Diese degenerativen Prozesse können sich unbehandelt weiter in die seitlichen Strahlfurchen und im fortgeschritteneren Stadium auch auf das deutlich festere Horn von Sohle und Hufwänden ausweiten. Häufig kommt es zur Taschenbildung, es entstehen teils tiefeFurchen und feinste Risse, die den Bakterien einen optimalen Nährboden bieten.


​​​Verantwortlich für diese Prozesse sind Fäulniserreger und sogenannte Spindelbakterien. Hauptübeltäter ist das „Fusobacterium necrophorum“, ein Verdauungsbakterium, das fortwährend vom Pferd ausgeschieden wird und sich daher nahezu überall in der Umwelt befindet. ​​Gerade bei mangelnder Stall- und Hufhygienehaben die Fäulnisbakterien dann ein leichtes Spiel. Viele Pferdebesitzer nehmen das Problem erst wahr, wenn es zu deutlichen Geruchsveränderungen kommt. Erste Hinweise werden meist ignoriert oder nicht erkannt, so dass erst im fortgeschrittenen Stadium etwas unternommen wird. Meist ist das der Zeitpunkt, an dem sich das Horn ablöst, porös und weich wird und schmierige, stark faulig riechende Stellen sichtbar werden. ​​In Fällen, in denen auch das weiche Ballenhorn betroffen ist, können sich sogenannte Strahlfäuleringe bilden. Es kommt zu einer Entzündung der Saumlederhaut, die sich vom Ballen ausgehend über die Seiten- zur Vorderwand erstreckt. Während des akuten Entzündungsgeschehens produziert der Organismus wesentlich weicheres Horn. Diese Zeitspanne ist dann später als schnurartiger Ring auf der äußeren Hornwand zu erkennen. Der Fäulnisring zieht sich im spitzen Winkel vom Kronsaum zur Trachtenwand. ​​Je nach Höhe und Ausprägung des Rings können so Rückschlüsse über den Beginn und die Dauer einer Strahlfäule gezogen werden. Auch die weiße Linie kann von Fäulnis betroffen sein, in diesem Fall spricht man von Hornfäule. Im späteren Stadium kann es zu einer teilweisenoder vollständigen Auflösung des Strahls kommen. Je weiter die Strahlfäule fortschreitet, desto dünner wird die Huflederhaut schützende Hornschicht. In Extremfällen kann die Huflederhaut komplett freiliegen. Es kommt zu Lederhautreizungen und -entzündungen, welche meist starke Lahmheiten hervorrufen.


Strahlfäule darf niemals unterschätzt werden! Unbehandelt kann Huffäule zum Teil irreversible Schädigungen an den tiefer liegenden Strukturen hervorrufen!!


Mögliche Ursachen von Strahlfäule


Die Ursachen können entweder lokal sein, d. h. meist der Umwelt (Hygiene und Haltung) geschuldet, systemisch bzw. stoffwechselbedingt sein oder an einer fehlerhaften Hufbearbeitung oder unpassenden Bearbeitungsintervallen liegen. Oftmals gibt es nicht nur einen Übeltäter, der für die Entwicklung einer Strahlfäule verantwortlich gemacht werden kann, meist treffen mehrere begünstigende Faktoren aufeinander.


Eine große Bedeutung kommt der Stall- und Hufhygiene zu. So ist auffällig, dass sich gerade in den nasskalten Jahreszeiten die Fälle von massiver Strahlfäule häufen. Matschige, immer feuchte Böden, eine mangelnde Boxenhygiene und Mistmatratzen bieten ideale Voraussetzungen für die Entwicklung einer Strahlfäule. Doch ist die anhaltende Feuchtigkeit tatsächlich verantwortlich für die Fäulnisentwicklung am Strahl? Um diese Frage zu klären, sollten erst einmal einige grundlegende Dinge klar sein. Fakt ist, dass sich die fäulniserregenden Bakterien an feuchtwarmen Orten am wohlsten fühlen. Kommt es dann zusätzlich zu einem möglichst hohen Sauerstoffausschluss, sind die Grundbedingungen für einen idealen Lebensraum geschaffen. Dennoch ist ein feuchtes Milieu kaum allein ursächlich für die Entstehung der Strahlfäule. Innerhalb der Strahlfurchen befinden sich Schweißdrüsen, die ein leicht feuchtes Klima innerhalb dieser Stellen gewährleisten. Dies ist zum einen wichtig, um die Elastizität des weichen Strahlhorns aufrecht zu erhalten. Zum Anderen bietet dieses Milieu auch den überall vorkommenden Säurebakterien einen geeigneten Lebensraum. Diese sind bekanntlich wichtig, um auf der Oberfläche vorkommende Krankheits- und auch Fäulniserreger abzutöten (Sauerkraut wird durch Säurebakterien haltbar gemacht). In den engen Strahlfurchen ist es wichtig, dass das Horn regelmäßig abgestoßen wird, um einen Engpass durch das nachschiebende, neue Horn zu verhindern. Dies erfolgt, indem die Säurebakterien das alte Horn zersetzen und dann abstoßen. Ein milder, leicht säuerlicher Geruch von Strahl und Huf ist in der Regel also absolut harmlos und natürlich. Kippt der Geruch jedoch ins modrig-faulige um, ist das Strahlmilieu offensichtlich aus dem Gleichgewicht geraten. Um nun die alte Frage zu beantworten: Feuchtigkeit allein ist nicht ausschlaggebend. Das Hauptproblem findet sich in den Stallungen, in denen die Tiere Stunden und Tage auf den gleichen, nicht nur feuchten, sondern vor Allem dreckigen und oftmals ammoniakbelasteten Böden stehen. Die Kombination ist dann wiederum sehr förderlich für die Ansiedelung der Fäulnisbakterien. Gerade bei Matratzenhaltung finden Fäulniserreger einen hervorragenden Lebensraum. Sie zersetzen Kot und Urin. Das dabei entstehende Ammoniak greift die Hufstruktur an und verursacht feine Risse im Hufhorn, in denen sich wiederum Keime ansiedeln.


Die Hauptursache für die Entstehung der Strahlfäule liegt jedoch, wie übrigens auch bei vielen anderen Huferkrankungen (Hufrehe, Hufkrebs etc.), in "Durchblutungsstörungen". Auffällig ist, wie viele an Strahlfäule leidende Pferde eine suboptimale Hufbalance aufweisen. Auch kleinste Fehler in der Hufbearbeitung können dazu führen, dass das Strahlhorn übermäßige, andauernde Druckimpulse bis hin zu Quetschungen erfährt und somit die Blutzirkulation lokal gestört ist. Ein besonders hohes Risiko haben zu Zwanghufen neigende Pferde. Beim Zwanghuf gerät der Strahl durch die umliegenden Hornbereiche bzw. insbesondere durch die engen Trachtenwände massiv unter Druck. Der gesamte Strahlbereich und alle darunter liegenden Strukturen, d. h. die Strahllederhaut und das Strahlkissen werden dabei zusammengepresst. Die mittleren und seitlichen Strahlfurchen werden dabei zu schmalen, tiefen Schlitzen. Besonders Pferde mit sehr steil angelegten Seitenwänden neigen zu Zwanghufen und auch innerhalb einiger Rassen lässt sich diese Fehlstellung gehäuft beobachten. Zwanghufe entwickeln sich meist aus einer ungleichmäßigen Lastverteilung zwischen Trachten- und Zehenbereich. Achtet der Hufbearbeiter hier nicht penibel genau darauf, dass Länge und Winkel der Zehe stimmen (zu lang, zu schräg), kann es schnell zur Überbelastung im Bereich des hinteren Trachtenbereichs kommen. Können die Trachten dem Druck nicht mehr standhalten, „rollen“ sie sich irgendwann ein, schieben unter und quetschen den Strahl von außen regelrecht zusammen. Das Resultat sind enge und tiefe Strahlfurchen, die den Fäulnisbakterien einen idealen Angriffspunkt bieten. Auch das alte Strahlhorn kann dann nicht mehr abgestoßen werden. Zusammen mit den fäulniserregenden Keimen verbleibt es in den engen Furchen und bildet eine zähflüssige, faulige Masse, die zu gravierenden Schäden an den Lederhäuten führen kann. Bleibt dieser Zustand unbehandelt kann sich die Situation im schlimmsten Fall zu Hufkrebs entwickeln.


Stoffwechsel und Fütterung


Wie auch bei anderen Huferkrankungen (Hufrehe und Hufkrebs), kann auch Strahlfäule organische Ursachen haben. Diese liegen meist in einer suboptimalen Futterzusammensetzung, einer unzureichenden oder auch übermäßigen Vitamin- und Mineralstoffzufuhr. Bei der Behandlung der Strahlfäule sollte sich der Pferdehalter nicht vom Grundsatz „viel hilft viel“ leiten lassen. Jede Dysbalance und Verschiebung im Nährstoffhaushalt kann den Organismus und insbesondere die Leber belasten. Viel sinnvoller ist es, Defizite exakt zu bestimmten und gezielt auszugleichen. Auch ein etwaiger Zink-, Schwefel- oder Biotinmangel sollte untersucht und gegebenfalls behoben werden, da diese Stoffe für die Produktion von qualitativ hochwertigem Hufhorn nötig sind. Zudem sollte ein Übermaß an Kohlenhydraten und Proteinen vermieden werden und einem eventuellen Übergewicht mit Hilfe einer langfristigen Ernährungsumstellung entgegen gewirkt werden.


Bewegung ist oftmals die Grundlage für gesunde Hufe!


Neben der Hufbearbeitung und den äußeren Hygieneumständen spielt auch der gesamte Stoffwechsel eine entscheidende Rolle. Vor dllem Blutzirkulation, Nährstofftransport und Lymphsystem sind direkt abhängig von der Bewegung. Ob es „DEN Hufmechanismus“ gibt oder nicht, das sei hier einmal dahingestellt. Aufgrund der fehlenden Venenklappen in den unteren Extremitäten gibt es keine direkte Verbindung zwischen Hufmechanismus und Venenrückfluss bzw. Blutversorgung. Fakt ist jedoch dass durch regelmäßige Druckimpulse, die der Huf und insbesondere das Strahlpolster in der Bewegung erfährt, der Organismus dazu veranlasst wird, den Stoffwechsel hochzufahren, den Lymphfluss und Abtransport von Abfallprodukten anzuregen und das Gewebe vermehrt mit Blut und Nährstoffen zu versorgen. Auch die Hornproduktion wird zu großen Teilen durch die vom Boden kommenden Reize gesteuert und beeinflusst. Lange Stehzeiten fördern eine minderwertige Huf- und Hornqualität und reduzieren die Durchblutungs- und Osmoserate im Gewebe. Stehen die Pferde dann zusätzlich auf schmutziger, feuchtwarmer Einstreu (Kot und Urin fördert die Bildung von gasförmigem Ammoniak) schwächt das zusätzlich die Widerstandfähigkeit des Strahls und der Huf wird anfälligerfür Fäulnisprozesse.



Behandlungsmöglichkeiten bei Strahlfäule


Leidet Ihr Pferd an Strahlfäule gilt es alle verantwortlichen Faktoren ausfindig zu machen. Im ersten Schritt sollte die Hufbearbeitung überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Eine physiologische Hufsituation ist das A und O für jede weitere Behandlung. Dazu zählt auch die korrekte Bearbeitung und regelmäßige Korrektur von zuZwanghufen neigenden Kandidaten. Das kann im Einzelfall auch bedeuten, die Bearbeitungsintervalle zumindestin der akuten Phase deutlich zu verkürzen. Die individuell perfekte Hufbalance bildet die Basis für alle weiteren Behandlungsschritte. Wird eine fehlerhafte Hufstellung nicht korrigiert, ist alles weitere reine Symptombehandlung und wird langfristig keinen anhaltenden Erfolg bringen. Ein kompetenter Hufbearbeiter wird nach der gründlichen Reinigung des Hufs versuchen, schonend das faulige Strahlhorn und etwaige Taschenzu entfernen. Dies sollte jedoch immer mit Bedacht geschehen, da es bei starker Fäulnis schnell zu Blutungen und schmerzhaften Verletzungen des darunterliegenden Gewebes kommt. Anschließend werden die betroffenen Stellen mit milden desinfizierenden, antibakteriell wirkenden Mitteln behandelt. Zudem sollten alle Sauerstoff ausschließenden Maßnahmen vermieden werden, das impliziert insbesondere auch sogenannte orthopädische Hufbeschläge. Diese sind in der Regel absolut kontraproduktiv. Die Platte über der Sohle fördert den Sauerstoffausschluss, welcher das Bakterienwachstum fördert und polsternde Unterfüllungen können zusätzlichen Druck auf das ohnehin bereits angegriffene Hornmaterial ausüben, wodurch es häufig zu einer Reizung des Gewebes kommt. Weitere Schäden sind dann vorprogrammiert.


Bei leichter Strahlfäule kann es ausreichend sein spezielle desinfizierende und antibakteriell wirkende Mittel auf die betroffenen Stellen zu applizieren. Bei besonders tiefen und für das Pferd schmerzhaften Strahlfurchen hat es sich bewährt, die betroffenen Stellen regemäßig mit einem Stück Verbandsmull auszutamponieren. Durch den leichten Druckimpuls können die Hornbildung angeregt und Neu- bzw. Sekundärinfektionen vorgebeugt werden. Diesen Vorgang sollten Sie solange täglich wiederholen, bis eine deutliche Besserung sichtbar wird.


Folgendes sollte zusätzlich beachtet werden:

  • Achten Sie unbedingt darauf, keine gewebeschädigende, austrocknende oder ätzenden Präparate wie Kupfersulfat, Essigsäure oder Jodoformäther zu verwenden. Sie trocknen nicht nur den Huf aus, es bilden sich vermehrt kleine Risse, die wiederum den Bakterien neue Eintrittspforten eröffnen. Zudem können ätzende Präparate die oftmals offenliegenden Lederhäute noch mehr reizen und schlussendlich den Heilungsverlauf negativ beeinflussen oder sogar verhindert. Die Verwendung derartiger Mittel beim Pferd ist nicht nur schmerzhaft, sondern kann auch gefährlich und sogar krebserregend sein. Auch vom leider immer noch empfohlenen Hufteer ist unbedingt abzuraten. Er sorgt für einen Sauerstoffausschluss und fördert somit das Bakterienwachstum. Außerdem sollten Sie von den oftmals imInternet propagierten "Hausmittelchen" wie Mundwasser, Zahnpasta, Wasserstoffperoxid oder Spiritus Abstand zu nehmen.. Diese Produkte sind für den Pferdehuf und zur Behandlung von Strahlfäulenicht geeignet!


Schmerzhafte und zudem noch veraltete Behandlungsmethoden bei Strahlfäule sollten von jedem Pferdebesitzer, Therapeuten, Hufbearbeiter und/oder Tierarzt strikt abgelehnt werden! Sie widersprechen nicht nur jeglichem Tierschutzgedanken, sondern sind aus (moderner) medizinischer Sicht ungeeignet und meist auch kontraproduktiv.


  • Überdenken Sie die Haltungsbedingungen. Steht ihr Pferd auf sauberer, trockener Einstreu? Wird regelmäßig gemistet? Auf welchen Untergründen bewegt sich ihr Pferd während des Tages? Zusätzlich zur Stallhygiene kann auch das regelmäßige Auswaschen des Hufs mit klarem Wasser empfehlenswert sein. Auf jeden Fall sollte der Huf vor jeder Behandlung mit diversen milden Behandlungs- und Pflegemitteln gründlich gereinigt werden.


  • Die Prophylaxe erfordert ähnliche Vorgehensweisen wie die Behandlung einer bereits entstandenen Strahlfäule. Wichtig ist auch hierbei eine regelmäßige, angepasste Hufbearbeitung, eine regelmäßige Reinigung und Pflege des Hufs, trockene und hygienische Stall- und Umweltverhältnisse und das Erarbeiten eines individuell angepassten Futterplans.


Achtung: Eine Futterumstellung ersetzt keinen Tierarzt oder Therapeuten. Bitte verständigen Sie bei akuten Problemen immer einen Fachmann. Bei den Empfehlungen handelt es sich lediglich um eine Anregung. Lassen Sie sich hier gerne von uns beraten.

Todesurteil Hufkrebs?

Todesurteil Hufkrebs - ist dem Pferd noch zu helfen?


​​Erhält das Pferd die Diagnose Hufkrebs, können sich viele Pferdebesitzer darunter wenig vorstellen. Die Bezeichnung Hufkrebs stellt keinen definierten wissenschaftlichen Begriff dar, sondern beschreibt vielmehr bestimmte "krebsähnliche" Charakteristika der Erkrankung. Auch wenn die Bezeichnung Hufkrebs die Annahme nahelegt, es handle sich hierbei um eine bösartige und Metastasen bildende tumoröse Entartung, hat die Krankheit tatsächlich nichts mit dem klassischen Krebs gemein. Jedoch handelt es sich auch hier um ein unabhängiges und ungehemmtes Wachstum von körpereigenem Gewebe mit einer meist langwierigen Behandlung, sodass der Vergleich mit einer Krebserkrankung nachvollziehbar ist.


​​Hinter dem Hufkrebs steht eigentlich der medizinische Begriff der sogenannten Parakeratose, welche unterschiedliche Arten von Verhornungsstörungen beinhaltet. Im Falle des Hufkrebses handelt es sich um eine chronische Hypertrophie der Huflederhäute. Während es sich bei der Hyperplasie um eine quantitative Vermehrung der Zellen handelt, bleibt bei der Hypertrophie die Anzahl der Zellen gleich, lediglich ihre Größe nimmt zu. Diese Hypertrophie der Zellen der Lederhäute hat eine geschwülstige Vergrößerung des gesamten Gewebes zur Folge. Diese Volumenzunahme gründet auf einer Überernährung der Zelle und kann verschiedene Ursachen haben. Der korrelativen Hypertrophie liegt eine Überproduktion oder Freisetzung bestimmter Hormone zugrunde. Bei der Aktivitätshypertrophie, auch Arbeitshypertrophie, führt ein Belastungsstimulus zu einem physiologischen und meist positiven Wachstum von Gewebe oder Organen (z. B. Herz- oder Skelettmuskulatur). Bei der kompensatorischen Hypertrophie kommt es durch eine pathologische Mehrbelastung zu einer krankhaften Volumenzunahme ausgleichender Gewebe. Einfach gesagt ein Anschwellen der Huflederhäute.


Als Auslöser für eine Hufkrebserkrankung und insbesondere für eine kompensatorische Hypertrophie im Bereichder Lederhäute wird allgemein ein infektiöses Geschehen anerkannt, bei dem eindringende schädliche Mikroorganismen und Krankheitserreger Infektionen verursachen und so mehr oder minder starke immunologische Reaktionen hervorrufen. Auch Infektionen mit dem Bovinen Papillomavirus oder verschiedensteStörungen im Hautbild (Pilze, Sarkoide (Hauttumore), Warzenmauke) werden häufig mit der Entwicklung von Hufkrebs in Verbindung gebracht. Ein Hauptfaktor liegt jedoch nach Meinung vieler Fachleute auch in einer fehlenden oder unzureichenden Hufhygiene oder einer lang bestehenden Strahlfäule. Ursächliche Infektionen stehen häufig in Kombination mit einer Stoffwechselerkrankung. Viele betroffene Pferde weisen Leberprobleme und/oder einen Zinkmangel auf, sodass davon ausgegangen werden kann, dass meist auch eine Störung des Stoffwechsels eine Rolle spielt. Betroffene Pferde weisen zusätzlich häufig erhöhte Cysteinwerte im Urin auf. Dasschwefelhaltige Cystein dient als Grundbaustein für das hornbildende Keratin. Wird dieser Stoff vermehrt über den Urin ausgeschieden, ist das ein klarer Hinweis darauf, dass der Organismus nicht mehr in der Lage ist, ihn korrekt zu verwerten und zu nutzen. Neben diesen möglichen Einflussfaktoren spielt sicher auch eine genetische Disposition eine Rolle.


Die oben beschriebenen möglichen Ursachen wirken sich im Regelfall auf den gesamten Organismus aus. In vielen Fällen tritt Hufkrebs jedoch auch nur paarig oder an einem einzelnen Huf auf, sodass der Verdacht nahe liegt, dass es eine weitere wichtige Ursache geben muss. Diese ist in unphysiologischen Hufzuständen zu finden, bei der die Balance des Hufes verloren geht und es zu Überlastungssituationen einzelner Bereiche kommt. Infolge der unphysiologischen Druckverteilung kommt es dann zu "Verletzungen" der inneren Strukturenin den überlasteten Bereichen. Je nach Hufsituation sprechen wir hier von offenen Verletzungen, einer unbehandelten Strahlfäule, die sich bis in die Lederhäute „gefressen“ hat und dann Entzündungs- und Fäulnisprozesse einleitet oder auch von tieferliegenden Verletzungen, wie Quetschungen oder "Prellungen".


Ist die Ursache eine Imbalance des Hufs, liegt der Schlüssel zur erfolgreichen Therapie darin, die Hufzustände durch eine angepasste Hufbearbeitung zu verbessern und den überlasteten Bereich zu entlasten. Erfolgt dies nicht, kann dies zu Wundheilungsstörungen führen, die sich dann in der Entwicklung eines Hufkrebses äußern können bzw. einen bereits bestehenden Hufkrebs nicht abheilen lassen. Ein hoher Prozentsatz der betroffenen Pferde zeigt unphysiologische Hufsituationen an den erkrankten Hufen. Viele Pferde haben Zwanghufe, die den Ballen einengen, wulstige oder verformte Eckstreben, die Druck auf die Sohle ausüben und so bei jedem Schritt zu einer Quetschung der Lederhäute führen oder aber falsch geformte und „verbogene“ Hufwände, die einen erhöhten Druck auf die Lederhäute verursachen. Die erste und meist erfolgversprechendste Maßnahme bei einem Verdacht auf Hufkrebs sollte also immer das Hinzuziehen eines kompetenten Huffachmanns sein, um so eine korrekte Hufbalance sicherzustellen.


Erste Hilfe bei Hufkrebs - was ist nun zu tun?


1. Huf und Bein sorgfältig reinigen

  • Entfernen Sie dazu, wenn nötig, die langen Beinhaare.

  • Waschen Sie den Huf und das Bein gründlich mit Wasser und Seife.

  • Nehmen Sie am besten fließendes Trinkwasser, da so vorhandene Keime und Verunreinigungen sofort weggespült werden.

  • Achten Sie darauf, dass der gesamte Huf, innen wie auch außen und auch der Ballen sauber werden.


2. Huf und Bein trocknen

  • Trocknen Sie das Bein und den gesunden Teil des Hufes mit Handtüchern.

  • Für die vom Hufkrebs befallenen Stellen nehmen Sie sterile Tücher und trocknen Sie Furchen und Taschen so gut wie möglich.

  • Lassen Sie den Huf am besten noch einige Zeit nachtrocknen.


3. Spülen und reinigen der betroffenen Hufe

  • Spülen Sie die vom Hufkrebs befallenen Bereiche mit einer Waschlösung.

  • Achten Sie bei der mittleren Strahlfurche darauf, dass Sie bis in die Tiefe spülen.

  • Bringen Sie keine ätzenden oder austrocknende Flüssigkeiten auf die "geschwollene" Lederhaut auf. Sie führen zu zusätzlichen Schmerzen.

  • Der Huf sollte jetzt von sämtlichen Verunreinigungen wie Mist, Einstreu oder Sand befreit sein.


4. Tamponieren

  • Geben Sie zunächst ein Strahlpflegegel in die Strahlfurchen, alle Taschen und Nischen. Tamponieren Sie diese anschließend aus.

  • Verwenden Sie möglichst fusselfreie Mullbinden!

  • Üben Sie nur leichten Druck aus!


5. Hufverband anlegen

  • Polstern Sie zuerst die Strahlfurchen aus und geben Sie dann ein Polster unter die ganze Sohle.

  • Befestigen Sie das Polster mit einer elastischen Binde und schützen Sie anschließend den Verband mit einem entsprechenden Klebeband oder einem Hufschuh.


6. Verband befeuchten und wechseln

  • Der angelegte Hufverband sollte feucht sein. Also weder nass noch trocken eben feucht. Ziehen Sie 10 bis 20 ml Waschlösung (je nach Hufgröße) in eine Einwegspritze auf und befeuchten Sie damit den Hufverband. Sollte der Hufkrebs sehr stark nässen, also viel Exsudat an den hufkrebsbefallenen Stellen produziert werden, können Sie auf das Befeuchten verzichten. Wechseln Sie den Verband täglich bis ein fachkundiger Experte vor Ort war und die weitere Vorgehensweise besprochen wurde.​​


​​Beim Verbandswechsel gehen Sie genauso vor wiebei der ersten Versorgung. Auf das Reinigen mit Wasser und Seife können Sie verzichten, wenn der Huf und das Bein nicht wieder verschmutzt sind.


Durch die Feuchtigkeit sollten sich bereits Saumhornauflagerungen an der Hufwand, aber auch lose Sohlenhornanteile gelöst haben. Dieses lose Horn sollten Sie mit einer weichen Bürste odermit den Fingern entfernen.


Die Hufsituation kann an einem gesäuberten Huf erst richtig beurteilt werden.


Die Feuchtigkeit am Huf fördert die körpereigene Wundreinigung, das feuchte gesunde Horn kann vom Hufbearbeiter wesentlich besser und genauer bearbeitet werden. Zusätzlich werden früher bereits verwendete Medikamenten- bzw. Desinfektionsmittelrückstände dadurch entfernt, sodass keine Wechselwirkungen mit den neuen Medikamenten entstehen.


Hufkrebs ist immer schmerzhaft!


Oft lahmen die Pferde nicht - aber nehmen eine Schonhaltung ein, um den betroffenen Bereich zu entlasten.


Wichtig ist daher, dass die Hufbearbeitung, die Hufhygiene und ggf. die Unterstützung durch den Tierarzt mit einem passenden, lokalen desinfizierenden Präparat den Teufelskreis unterbrechen und somit eine Besserung herbeiführen. Sollte das Pferd starke Schmerzen haben, sollte man sich Gedanken über die Verabreichung einesSchmerzmittels machen.


Auch nach Ende der Behandlung ist eine engmaschige Betreuung durch den Hufbearbeiter notwendig, um die Hufsituation stabil zu halten und um ein erneutes Aufflammen zu unterbinden. Der Schlüssel zum Erfolg sollte also immer die Ursachenbehebung sein, da eine reine Symptombehandlung längerfristig nicht zielführend ist.


Lokale Antibiotikatherapie bei Hufkrebs?


Eine lokale Behandlung mit Antibiotika "in der Wunde" ist nicht mehr zeitgemäß und fördert Resistenzen. Leider wird Derartiges immer noch leichtsinnig (meist in Facebook-Gruppen) empfohlen. Angesichts der immer weiter steigenden Resistenzen gegen diverse Antibiotika sollten keine leichtfertige und oftmals unpassende antibiotische Therapie erfolgen. Zudem wird der Einsatz von antibiotischen Präparaten in tieferen Regionen aufgrund der fehlenden Wirksamkeit als problematisch angesehen.


Die lokale Wundbehandlung des Hufkrebs sollte immer mit desinfizierenden und gleichzeitig schonenden Substanzen, die die empfindlichen Strukturen nicht weiter reizen, erfolgen. Ist der Hufkrebs bereits lokal stark infiziert, sodass eine systemische Infektion droht oder bereits vorliegt, sollte eine systemische antibiotische Therapie durch den Tierarzt durchgeführt werden.


Eine chronische Wunde allein zu behandeln ist oftmals nicht zielführend. Aus ganzheitlicher Sicht sollte auch immer die Ursache der Erkrankung ergründet und berücksichtigt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass für Ihr Pferd ein individuell passender Behandlungsplan gefunden wird.


Stoffwechsel und Fütterung


​​Wie auch bei anderen Huferkrankungen hat Hufkrebs oftmals auch organische Ursachen. Diese liegen meist in einer suboptimalen Futterzusammensetzung, einer unzureichenden oder auch fehlerhaften Vitamin- und Mineralstoffzufuhr. Jede Dysbalance und Verschiebung im Nährstoffhaushalt kann negative Folgen haben und den Organismus und insbesondere die Leber belasten. Auch ein etwaiger Zink-, Schwefel- oder Biotinmangel sollte untersucht und gegebenfalls behoben werden, da diese Stoffe für die Produktion von qualitativ hochwertigem Hufhorn vonnöten sind. Zudem sollte ein Übermaß an Kohlenhydraten und Proteinen vermieden werden und einem eventuellen Übergewicht mit Hilfe einer langfristigen Ernährungsumstellung entgegen gewirkt werden.


> Auch bei Hufkrebs sollten Sie Ihrem Pferd unbedingt hochwertiges, staub- und schimmelfreies Raufutter, in Form von spät geerntetem Heu und/oder gutem Futterstroh, anbieten. Sollten Sie nicht genügend Heu zur Verfügung haben, eignen sich auch Raufutterersatzprodukte, um den täglichen Bedarf Ihres Pferdes decken zu können.


> Von der Fütterung von industriell hergestelltem Grundfutter raten wir allein schon wegen der Konservierungsstoffe und dem Zucker, die dort oftmals im hohen Maße enthalten sind, dringend ab. Verabreichen Sie Ihrem Pferd ausschließlich natürliche Futtermittel oder Raufutterersatzprodukte.


> Greifen Sie auf hochwertige Mineralquellen zurück und vermeiden Sie jede Art synthetischer Zusatzstoffe, Geschmacksstoffe und Zuckerzusatz. Ein ausgeglichener Mineralhaushalt sorgt für eine verbesserte Wundheilung und ermöglicht den Abtransport von Toxinen. Ein Blutbild macht hier Sinn, besonders die Zinkkonzentration ist interessant.


> Infektionen, stoffwechselrelevante Erkrankungen wie Übergewicht, EMS, Cushing und PPID aber auch Medikamentengaben können sich auf die Qualität des Hufhorns und die Wundheilung auswirken. Verletzungen "rauben" dem Körper Mineral- und Vitalstoffe, die gezielt über die Ernährung zugeführt werden sollten. Ein auf die Erkrankung abgestimmtes Mineralfutter bietet die Grundlage für die Bekämpfung des Hufkrebses und die Produktion von stabilem Hufhorn. Hochwertige Inhaltsstoffe unterstützen den Verhornungsprozess bei Hufkrebs und zusätzlich das Immunsystem.


> Hanfsamen und Leinsamen  können die Wundheilung bei Hufkrebs unterstützen, da ihnen eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt wird. Leinsamen enthalten unter allen Futtermitteln die höchste Konzentration an Lignanen. Diese wirken antioxidativ und sind für ihre Heilwirkung bei verschiedenen Tumorarten, Stoffwechselproblemen, Entzündungen und Autoimmunerkrankungen bekannt.


> Die Ernährung der Pferde sollte möglichst zuckerarm sein. Wenn das Pferd zu dick ist, sollte es dringend abnehmen, da ein hoher Blutzuckerspiegel häufig für eine Wundheilungsstörung mitverantwortlich ist, wie beim Menschen eben auch.


> Auf die Fütterung von Silage oder Heulage sollte ebenfalls verzichtet werden. Zusätzlich zeigen mehrere Erfahrungsberichte von betroffenen Besitzern, dass ein übermäßiges Angebot von Weidegras, insbesondere im Frühjahr, sich häufig negativ auf die Hufkebserkrankung auswirken kann. Bei übergewichtigen Pferden sollten Sie das zusätzlich aufgenommene Weidegras in Ihrer Rationsberechnung nicht außer Acht lassen und dementsprechend die Futtermenge anpassen.


> Weiterhin ist es empfehlenswert die Entgiftungsorgane bzw. im Besonderen die Leber aktiv zu unterstützen. Hier sind bitterstoffhaltige Kräuter besonders zu empfehlen. Auf lange Sicht kann die Futterumstellung in Kombination mit einer optimalen Haltung zur Stabilisierung des Immunsystems führen.


Achtung: Die Futterration sollte selbstverständlich immer individuell auf die Bedürfnisse Ihres Pferdes angepasst werden. Bei dem Futter-Beispiel handelt es sich lediglich um eine Anregung. Lassen Sie sich hier gerne von uns beraten.

Hufrehe beim Pferd: Risikofaktor Fruktan im Herbst

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Es gibt nicht DEN einen Auslöserfür Hufrehe. Speziell jedoch auf die fütterungsbedingte Hufrehe sollte gerade in der momentanenJahreszeit ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Durch Überlastungssituationen im Verdauungsapparat, die zu Störungen in der Bakterienpopulation in den hinteren Darmabschnitten führen können, besteht die Möglichkeit einer Hufrehe. Insbesondere Weidepferde haben ein deutlich höheres Risiko an Hufrehe zu erkranken, als Pferde, die keinen oder nur sehr beschränkten Zugang zu frischen Gräsern haben. Während bislang die Meinungvertreten wurde, dass vornehmlich in den Gräsern enthaltene Proteine ursächlich für die Entstehung der Hufreheseien, tritt heute vermehrt ein anderer Stoff als wichtiger Mitverursacher in den Mittelpunkt - das Fruktan. Tatsächlich treten auffällig viele Fälle von Hufrehe nach der Aufnahme von Gras mit hohem Fruktananteil auf.


​​Doch was genau verbirgt sich hinter der Bezeichnung "Fruktan"?


​​Biochemisch betrachtet handelt es sich bei Fruktanen um eine Gruppe wasserlöslicher Mehrfach- oder Vielfachzucker (Oligo-, Polysaccharid), genauer um sogenannte Polyfruktosyl-Saccharosen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sich an jeweils ein Saccharosemolekül ein oder mehrere Fruktosemoleküle binden. Diese langkettige Zuckerverbindung fungiert in Pflanzen als temporärer Zwischenspeicher für Kohlenhydrate. Bis zu 90Prozent der Stärke kann bei Bedarf vom Fruktan als Kohlenhydratspeicher ersetzt werden. Die Bildung von Fruktan steht in direktem Zusammenhang mit der Photosynthese (Energiesynthese der Pflanzen).


Die Photosyntheseaktivität der Gräser ist von vielfältigen Umweltsituationen abhängig. Umweltfaktoren wie Licht,Sonneneinstrahlung, Temperatur, CO2-Konzentration, Bodenzusammensetzung, Wasserangebot und Luftfeuchtigkeit beeinflussen sie direkt und somit auch die Fruktanproduktion. Diese hängt zusätzlich stark von der Pflanzenart, den Temperatur- und Lichtverhältnissen, Tages- und Jahreszeit, saisonalen Einflüssen, der Vegetationsperiode sowie auch dem Weidemanagement ab. Je höher die Temperatur und Luftfeuchtigkeit, desto intensiver betreibt die Pflanze Photosynthese. Wird also aufgrund günstiger Umweltfaktoren viel Energie hergestellt, kommt es unweigerlich irgendwann zum Energieüberschuss. Die zum Wachsen der Pflanze nicht benötigte Energie wird dann in Form von Stärke und Fruktan eingelagert. Ändern sich die Witterungsverhältnisse(8-13 Grad) können die Kohlenhydratspeicher wieder abgebaut und für das Pflanzenwachstum genutzt werden. Der Fruktangehalt ist schwer zu bestimmen, da er innerhalb kurzer Zeitperioden extrem schwanken kann. So können beispielsweise während der Jahreszeitenwechsel (nachts kalt und frostig, tagsüber warm) enorme Konzentrationsgefälle innerhalb des Tages gemessen werden. Bei 0-8 Grad etwa findet sich bis zu 200 mal mehr Fruktan im Gras als bei rund 20 Grad. Aufgrund des langsameren Wachstums bei kühleren Temperaturen wird deutlich mehr Energie gespeichert. Bei entsprechend reduzierter Photosyntheseaktivität (Regen, bewölkter Himmel, wenig Sonneneinstrahlung) wird folglich weniger Energie und Fruktan gebildet.


Wie kann nun der Pferdebesitzer die Hufrehegefahr einschätzen?


Pferdebesitzer sollten besonders im Frühjahr und Herbst achtsam sein, da hier das Gras aufgrund der nächtlichen Kälte besonders gestresst ist. Vor allem im Frühjahr, zu Beginn der Weidesaison, gibt es ausreichendWasser und Nährstoffe und verhältnismäßig viel Sonneneinstrahlung (Photosynthese → Fruktan). Aufgrund der meist noch niedrigen Temperaturen kann das Gras jedoch nicht wachsen und so wird produzierte Energie in Form von Fruktan zwischengelagert. Ein Grund, warum sich Hufrehefälle besonders im Frühjahr häufen. Auch im Winter ist Vorsicht geboten. Aufgrund seines wasserlöslichen Charakters nutzen Pflanzen Fruktan auch im Winter als Frostschutz, so dass die Fruktankonzentration unter 5 Grad deutlich ansteigen kann. Besonders niedrig ist die Fruktankonzentration bei nächtlichen Temperaturen um die 15 Grad. Hier nutzen die Gräser den Zucker direkt für das Wachstum.


Nochmals zusammengefasst: 1. Kaltes Wetter oder Nachtfrost = kein Pflanzenwachstum, aber erhöhte Fruktanspeicherung = Hufrehegefahr! 2. Kaltes oder frostiges Wetter und tagsüber Sonnenschein = Hohe Photosyntheseaktivität und massive Kohlenhydratspeicherung, da kein Wachstum = sehr hohe Hufrehegefahr! 3. Bedeckter Himmel = geringe Photosyntheseaktivität = geringe Hufrehegefahr 4. Warmes Wetter, bedeckt, genug Feuchtigkeit = geringe Photosynthese, aktives Wachstum und Abbau der Fruktanspeicher = abnehmendes Hufreherisiko


Die Gefahr einer Hufrehe schwankt teils beträchtlich. Ein sinnvolles und durchdachtes Weidemanagement könnte das Risiko jedoch verringern. Außerdem sollte der Weidegang gerade bei gefährdeten Pferden auf Tageszeiten mit möglichst geringer Photosyntheseaktivität, also geringem Fruktangehalt, reduziert werden.


Welche Rolle spielt die Vegetationsphase der Gräser?


Zunächst sollte ein entscheidender Unterschied zwischen Fruktan und Stärke geklärt werden. Dieser ist im Speicherort innerhalb der Pflanze zu finden. Während Stärke direkt am Ort der Photosynthese, nämlich in den Blättern deponiert wird, werden Fruktane im unteren Teil der Gräser, im Stengel, gelagert. So enthalten die unteren Pflanzenstengel bis zu drei Mal mehr der leichtverdaulichen Kohlenhydrate als die Blätter. Viele Pferdebesitzer sind überzeugt, dass hohe, alte Gräser ein erhöhtes Reherisiko bergen. Ein Irrglaube, da wie gesagt die „alten“, blättrigen Grasbestandteile deutlich energieärmer sind, als junges, kurzes, sich im Wachstum befindliches Gras. Im Regelfall sind daher: Gut gepflegte Weiden mit hohem Blattanteil sind meist einer frisch abgemähten Wiese vorzuziehen.


Hufrehe - ist mein Pferd gefährdet?


Ob das eigene Pferd akut hufrehegefährdet ist oder bereits einen belasteten Stoffwechsel hat, kann der aufmerksame Pferdebesitzer ​​an einer Vielzahl von Symptomen erkennen. ​​Hat das Pferd Kotwasser, Durchfall, Verstopfung, Blähungen oder kolikähnliche Anzeichen ist Vorsicht geboten. Auch ein unsauberes Gangbild, Fühligkeit auf hartem Boden, warme Hufe, Pulsation im Bereich der Mittelfußarterie, Hufgeschwüre, veränderte Schleimhäute, erhöhte Temperatur, ein geschwollener Kronrand sowie eine erhöhte Atemfrequenz können Hinweise auf bereits aktivierte Entzündungsprozesse sein. Hier muss schnell gehandelt werden, um den Ausbruch einer Hufrehe möglichst im Keim zu ersticken.


Hufrehe-Prävention durch Haltungs- und Fütterungsanpassung


Die jährlich steigende Anzahl von Hufrehe sind in den meisten Fällen eine Zivilisationskrankheit, die durch den Menschen verursacht wird. Eine generelle Neigung zu Hufrehe bei Pferden und Ponys gibt es im Prinzip nicht. Grundsätzlich kann jedes Pferd an Hufrehe oder anderen Stoffwechselerkrankungen, die durch eine zu hohe Aufnahme von Fruktan, Kohlenhydraten und Eiweiß bedingt sind, erkranken. Einige Pferderassen und Pferdetypen (z. B. Robustrassen) sind allerdings aufgrund Ihrer evolutionsbedingten individuellen Bedürfnisse gefährdeter als andere.


Pferdebesitzer können aktiv durch angepasstes Futter- und Haltungsmanagement aktiv dazu beitragen, die Gefahren einer Hufrehe zu reduzieren oder im Idealfall komplett zu vermeiden.


Achtung: Eine alleinige Verabreichung von Ergänzungsfutter oder Medikamenten ersetzt nicht die dringend erforderliche und einzuhaltende Diät bei Pferden mit Hufrehe, Stoffwechselerkrankungen und Übergewicht. Eine Haltungsoptimierung sowie ein speziell abgestimmtes Bewegungstraining sind meist ebenfalls erforderlich.


Beispiel Fütterung von Pferden mit Hufrehe


  • Achten Sie ihrem Liebling zuliebe daher auf eine entsprechende Fütterung, Mineralisierung und das Gewicht ihres Tieres - vor allem beim Steppentier Pferd! Einer Fettleibigkeit sollte mit Bedacht entgegengewirkt und vorgebeugt werden. Die benötigte Futtermenge sollte auf Grundlage des Gewichtes und des sportlichen Einsatzes individuell berechnet werden. Dabei sollte insbesondere auch das Zielgewicht in den Berechnungen eine Rolle spielen. Fettleibigkeit ist keine Sache der Optik oder desGeschmacks, sondern vielmehr eine Frage der Gesundheit So wichtig die ausreichende Mineralstoff, Spurenelement und Vitaminversorgung gerade bei hufreheerkrankten Pferden ist, so wichtig ist es dabei auch auf natürliche Futtermittel ohne Konservierungsstoffe, genetisch veränderte und/oder minderwertigeInhaltsstoffe zu achten, da hier gerade Rehepferde besonders empfindlich reagieren. 


  • Ein besonderes Augenmerk ist auf den Weidegang zu legen. Hier liegt der Schlüssel in Maß und Ziel. Je nach Gebiet, Jahreszeit, Wachstumsstadium und sogar Tageszeit kann das Gras eine erstaunlich hohe Menge an Zucker (Fruktan) beinhalten. Diese Unterschiede sollten auf jeden Fall beachtet werden und daraufhin das Pferd in kurzen Intervallen, mit Fressbremse oder zeitlich begrenzt auf die Wiese gestellt werden. In Einzelfällen ist ein Weidegang gänzlich zu vermeiden, um weitere Reheschübe zu verhindern. Beim Anweiden ist das schrittweise erhöhen der Weidezeit um jeweils 15-30 Minuten zu empfehlen. Andere Futtermittel sollten während dieser Zeit deutlich reduziert werden.​ Viele Pferdehalter stellen rehegefährdete oder bereits erkrankte Pferde gerne auf kurz abgefressene „Magerkoppeln“, in dem Glauben, dort „sei ja so gut wie nichts mehr drauf“. Hierbei handelt es sich um einen gefährlichen Irrglauben. Kurzes, im Wachstum stehendes Gras ist enorm energie- und fruktanreich. Altes, langes Gras hingegen verliert mit der Zeit an Energie. Sofern der Rehekandidat denn überhaupt auf die Koppel soll, istes also viel besser ihn stundenweise und kontrolliert (evtl. mit Maulkorb) auf langes, blattreiches und im besten Fall überständiges Gras zu stellen. Versuchen Sie daher soweit möglich die Wiesen so lange wie möglich zu schonen, damit die Gräser die Zeit bekommen, um möglichst stark zu werden.


  • Zu hohe Kraftfuttermengen, zuckerhaltige industriell hergestellte Futtermittel, Konservierungsstoffe, minderwertiges Pferdefutter und Stress können langfristig die Darmschleimhaut schädigen. Diese kann regelrecht "löchrig" werden, so dass Toxine in den Blutkreislauf gelangen und somit wiederum eine Vielzahl von (stoffwechselbedingten) Erkrankungen auslösen können. Ist ein Pferd an Hufrehe erkrankt sollte im Vordergrund die Sanierung des Darmmilieus und die Wiederherstellung einer gesunden Darmflora stehen Eine Bekämpfung von schlechten Keimen, die Besiedelung des Darms mit guten Mikroben, das Neutralisieren .von Toxinen sowie das Erreichen eines gesunden PH-Wertes (bei Rehe meist zu niedrig/sauer) ist essenziell. So liegt der wichtigste Aspekt der Rehebehandlung in der zukünftigen Fütterung des Pferdes.


  • Die Unterstützung des körpereigenen Entgiftung und die Aktivierung von Leber und Niere sollten durch die Gabe von Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen erfolgen. Vitamin A, C und E fungieren als Antioxidantien und schützen insbesondere die Leber vor schädigenden Substanzen. Diese kann auch durch phytotherapeutische Maßnahmen unterstützt und harmonisiert werden, gute Ergebnisse werden beispielsweise mit der Zugabe von Mariendistel, Artischocke, Löwenzahn und Süßholz erreicht. Die Niere wiederum kann dabei durch das Zuführen von B-Vitaminen und Folsäure unterstützt werden. Bitte sprechen Sie den Zeitpunkt und die Dauer einer Entgiftungskur mit uns oder Ihrem Therapeuten ab. (

Achtung: Eine Futterumstellung ersetzt keinen Tierarzt oder Therapeuten. Bitte verständigen Sie bei akuten Problemen immer einen Fachmann. Bei den Futter-Empfehlungen handelt es sich lediglich um eine Anregung. Lassen Sie sich hier gerne von uns beraten.